Gespräch mit Teresa Schopper
Bericht Besuch bei Frau Ministerin Theresa Schopper am 2.6.2022, 16.45-17.30 Uhr
Aristoteles als Ratgeber
Zum ersten Mal wurden Vertreter*innen des Fachverbandes Ethik Baden-Württemberg e.V. von einer baden-württembergischen Kultusministerin empfangen. Im Folgenden haben wir in Stichpunkten festgehalten, wie das (kurze) Gespräch verlief.
Die Begrüßung war sehr freundlich – Eva Kles, Vorsitzende des Verbandes und Susanne Dannecker, stellvertretende Vorsitzende, überreichten als kleines Geschenk den Philosophieband von Thomas Vašek, der als Bestandteil des Ethikpreises den jeweiligen Preisträger*innen zugeht. Zusätzlich erhielt sie eine kleine Zusammenstellung ausgewählter Materialien (s.u.), die einleitend besprochen wurden.
Das Gespräch eröffneten Aussagen von Oberstufenschüler*innen über das Fach Ethik, in denen sie die Bedeutung des Faches für sie persönlich darlegten.
Frau Ministerin machte von Beginn an einen sehr aufgeschlossenen und interessierten Eindruck und formulierte selbst, dass die gesellschaftliche Entwicklung sich ja auf jeden Fall zugunsten der Ethik abzeichnen würde und dass Bayern und Baden-Württemberg hier eine Ausnahmestellung bzw. die Position von Schlusslichtern einnehmen würden (bezogen zum einen auf die Zahlen der konfessionell gebundenen Bürger*innen als auch was die Konzeption neuer Unterrichtsangebote in Bezug auf diese Entwicklung anginge). Dabei hob sie das neue ‚Hamburger Modell‘ als interessante Alternative hervor.
Von unserer Seite wurde nun diese angesprochene Entwicklung mit dem Umstand konfrontiert, dass sich SuS, die sich in BaWü vom Religionsunterricht abmelden wollen, dies nach wie vor auf der Basis von Gewissensgründen tun müssen – Frau Ministerin beurteilte diesen Aspekt als ‚Erwachsenenthematik‘ (d.h. den SuS wäre dieser Umstand nicht so sehr bewusst, bzw. wichtig). Hierauf unser Einwand, dass auch in höheren Klassenstufen noch Abmeldungen vorkämen und dies von den betreffenden SuS durchaus als mindestens seltsam wahrgenommen würde. Unterstützt wurde dieses Argument mit dem Einwand, dass dieses komplizierte Abmeldeprocedere auch Schulleitungen die Planung erschweren würde (die Referentin, Frau Ruoff, bemerkte hierzu, dass dies nur ein Problem der beruflichen Schulen sei und dass die Schulämter hier entsprechend rasch agieren und die Versorgung gewährleisten könnten). Schließlich sicherte sie uns aber zu, dass der Aspekt der ‚Gewissensentscheidung‘ noch einmal im Ministerium besprochen werde und überdacht werden müsse.
Ein weiterer dringlicher Aspekt war die Versorgung mit Ethiklehrkräften – hier berief sich die Ministerin auf den Konkordatsbeschluss, der auch die Zahl der Lehrstühle für Theologie und Philosophie/Ethik in Baden-Württemberg, die ja in sehr unausgeglichenem Verhältnis bestehen, festlegen würde.
Auf die Frage nach Sinn und Unsinn des Junktims verwies Frau Ruoff auf die Gültigkeit des Junktims allein in der Sek II, ebenso sei der Umstand des Schulversuchs nur in der Sek II ein Thema. Es wurde betont, dass das Junktim in der Praxis unproblematisch sei, da Religionsunterricht immer zustande komme.
Angesprochen wurde auch der Tatbestand, dass nach wie vor die meisten Referent*innen an den RPen Theologen seien und auch hier eine zumindest
angestrebte Ausgewogenheit sehr in unserem Sinne sei – dies wolle die Ministerin prüfen.
Abschließend wurde auf die Bedeutung des Faches für die Gesellschaft eingegangen.
Nicht zuletzt in Bezug auf den ‚Leitfaden Demokratiebildung‘, der seit 2019 vom KM als Grundlage für die Ausbildung demokratischer Kompetenzen propagiert wird - in kaum einem anderen Fach lässt sich das dort Geforderte so sehr umsetzen wie im Fach Ethik.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Bereitschaft, sich mit unseren Anliegen zu befassen durchaus gegeben war, dass sie sich auch vorab mit der Thematik auseinandergesetzt hat und sich dessen bewusst ist, dass die gesellschaftliche Entwicklung auf unserer Seite ist. Beeindruckt zeigte sie sich immerhin davon, wie sich der Ministerpräsident auf politische Debatten vorbereitete: für die Debatte im Landtag um die Coronabeschränkungen und die Einführung einer Impfpflicht habe er sich nicht - wie 90% aller Politiker, so ihre Auffassung - mit juristischen Fragen auseinandergesetzt, sondern sich intensiv mit Aristoteles beschäftigt. Auch ihre beiden Kinder hätten sich gegen den Religions- und für den Ethikunterricht entschieden.
Natürlich verwies auch sie auf die rechtlich gegebenen Fixpunkte, die nicht einfach geändert werden könnten.
Wir werden uns aber darum bemühen, in ca. zwei Jahren erneut einen Gesprächstermin zu erhalten, um dann zu erörtern, was sich in der Zwischenzeit bearbeiten ließ. Bis dahin muss der Verband sich mit dem Hamburger Modell auseinandersetzen und rechtzeitig eine kritische Stellungnahme dazu formulieren.
Im Juni 2022
Eva Kles und Susanne Dannecker